Die Alpagokette im Spätherbst 2020



Die Alpagokette liegt nordöstlich von Belluno.
Sie gehört zu den Südlichen Karnischen Alpen und befindet sich damit östlich der Piave.
Der höchste Gipfel ist der 2417 m hohe Col Nudo.
Die Gegend ist weltenfern und einsam,
besonders dann, wenn man im Spätherbst  unterwegs ist, der Zeit in welcher die Blätter von den Bäumen fallen.

Es gibt nur ein kleines Skigebiet am südlichen Rand und sonst keine Liftanlagen.

Die Dolomitenhöhenwege (DHW) Nr.6 und 7 führen durch das Gebiet.

Diese Tour konzentrierte sich mit den Tälern Val Cialedina und Val Prescudin auf die östliche Seite der Gruppe.

Samstag 17.10.2020


Der Talschluss des Val Cialedina bietet steile, hohe Felswände, die unpassierbar erscheinen und doch gibt es einen wanderbaren Übergang über den Passo di Valbona, der zum DHW6 zählt.


Wasserentnahme am Unterlauf des Rio della Frugna (gesprochen Frunja). Es sollte zum Ricovero Casera Frugna gehen. Nahe dieser Biwakhütte gibt es kein fließendes Wasser.


Auf der Forcella Frugna 1570m. Unangenehm rutschiger und weicher Schnee. Die Fernsicht ist stark eingeschränkt. Aus den Steilwänden des Talschlusses gingen immer wieder kleine Nassschneelawinen ab.
Über diese Scharte geht eine Variante des DHW 6.

Man mag sich wundern, dass dieser Höhenweg trotz seines Namens - wie auch der DHW 7 - nicht durch die Dolomiten läuft, sondern durch die südlichen Karnischen Alpen. Auch wenn diese überwiegend aus Dolomitgestein bestehen, so sieht die vom DAV und OeAV geschaffene Alpeneinteilung die Piave als östliche Grenze der Dolomiten vor. Die Bezeichnung des Höhenweges richtet sich also mehr nach der Geologie als nach der Alpeneinteilung.


Das Ricovero Casera Frugna 1538m ist eine schmucke Biwakhütte (mit Ofen). Sie steht nahe der gleichnamigen Scharte. Die Casera wurde noch in den 60er Jahren bewirtschaftet. Die alten Almgebäude existieren nicht mehr. Die Biwakhütte wurde auf dem Grund der alten Gebäude errichtet.
Im Hintergrund links sieht man den Monte Frugna 1839m. Eine Besteigung erfolgt über einen unmarkierten Steig, der teilweise eng durch Latschen führt. Bei der aktuellen Schneelage war an eine Besteigung jedoch nicht zu denken.
Während eines Besteigungsversuchs im Sommer 2021 bin ich auf halber Strecke durch eine kleine Steilstufe gestoppt worden. Hier wäre ein Seil hilfreich gewesen.

Die Biwakhütte kann gut als Übernachtungsmöglichkeit auf dem DHW 6 genutzt werden.
Er trägt treffenden den Beinamen "Weg der Stille", da er durch die recht einsamen Karnischen Alpen von den Orten Sappada bis Vittorio Veneto führt.



Zurück im Val Cialedina. Diese Stelle im Talgrund war in den nächsten Tagen als Start- und Endpunkt der beiden noch geplanten Wanderungen.

Sonntag 18.10.2020


Trotz der fast langweilig anmutenden flachen Gipfelkuppe bietet der Monte Provagna 1696 m einen atemberaubenden Ausblick.
Zu sehen ist der höchste Abschnitt des Hauptkammes der Alpagokette.
Crep Nudo 2207 m links -halb in Wolken- und am rechten Bildrand der Col Nudo, dessen 2472 m  hoher Gipfel ganz in Wolken steckt. Links unterhalb der Passo di Valbona 2130m, welcher den Übergang ins Venal di Montanes aus dem Val Cialedina vermittelt. Über diesen Pass läuft der DHW 6.



Beim Abstieg wurde ein Abstecher in das Val Provagna gemacht.
So wie auf dem Foto sehen einige Wanderpfade unterhalb Baumgrenze in der Alpagokette aus, welche durch die für die Gegend charakteristischen Buchenbestände führen.
Es gibt wenig Wegspuren, sodass diese ohne die Wegmarken an den Bäumen schwer zu finden sind. So auch hier im einsamen Val Provagna in der Nähe des Bivaccos Casera Provagna. 

Auf dem Foto sind drei rot-weiße Wegmarken zu sehen. Wer sie nicht findet, kann auf das Foto klicken, um sich eine vergrößerte Variante des Bildes anzuzeigen zu lassen. Dieses Suchbild ähnelt der realen Situation vor Ort, in der man oft genau hinschauen muss, um die Wegmarken zu erkennen.



Der Abstieg vom Monte Provagna erfolgte über die Forcella Giaveit. Der Weg ist im oberen Bereich jedoch teilweise verfallen und gefährlich.



Hier der entsprechende Ausschnitt aus der Tabacco-Wanderkarte. Der für den Abstieg genommene Weg ist die schwarz gestrichelte Linie. Der Gefahrenbereich ist hier orange gekennzeichnet.
Eine bessere Alternative ist der 969er, welcher für den Aufstieg zur Gänze genutzt wurde.



Der Weg setzt unmittelbar von der Forcella Giaveit mit einer schmalen Spur an. Die steile Flanke links sollte man im Blick behalten, unter Umständen können sich aus ihr Steine lösen. Der Weg schwenkt bald nach rechts, von der Steilwand weg.



Hier ist der obere Wegbereich zu sehen. Er läuft bzw. lief am rechten Rand dieser Rinne. Da der Weg in diesem Bereich wegen der Erosion der Rinne teilweise weggebrochen ist. Es gibt zwei, drei gefährliche Stellen, in denen man absturzgefährdet ist.
Eine Verlegung des Weges -weg von der Abbruchkante- wäre zwar denkbar, aber in den südlichen Karnischen Alpen fehlt es oft an Arbeitskräften für Wegwartungen, wie Einheimische erzählten.



Montag 19.10.2020

Es ging in das Val Prescudin, welches südlich des Val Cialedina liegt.
Talaufwärts führen zwei Wege. Eine Fahrstraße, die für den öffentlichen Verkehr gesperrt ist und ein schmaler Wanderpfad. Um den Letzteren zu nutzen, muss der Torrente Prescudin überschritten werden. Je nach Niederschlagsituation kann das eine feuchte Angelegenheit sein.
Auf dem Foto der Torrente Prescudin, der über eine künstliche Steilstufe fällt. Unmittelbar oberhalb dieser führt der Wanderweg durch das Bachbett, um auf die rechte Talseite zu gelangen.



Hier der passende Auszug aus der Tabacco-Wanderkarte. Rechts der Taleingang mit dem Übergang des Wanderweges durch das Bachbett und links oben das Ziel der Tour, eine dem Monte Arghena 1259 m auf der Ostseite vorgelagerte Kuppe 1179 m.



Für die Durchquerung des Tals wurde im Aufstieg der überwiegend schmale Wanderweg genutzt. Dieser schlängelt sich an teils steilen Hängen entlang.



Bemerkenswert waren Abschnitte mit Überresten von starken Windbruch. Sie sind hier soweit geräumt, dass sie für Wanderer nicht hinderlich sind.



Auf der Südseite des Monte Arghena waren die vielen Zecken und Lausfliegen lästig.
Bei dem auf der Hand befindlichen Exemplar handelt es sich wohl um die Kleine Rehlausfliege ( Lipoptena fortisetosa ). Wie der Name schon andeutet, geht diese Stechmücke vor allem auf Rehwild, aber auch auf anderes Wild mit Fell. Bei Menschen hat sie nur geringen Erfolg.



Um sich gegen beide Insekten zu schützen, hilft nur, sich gut einzupacken. Hilfreich wäre noch ein wirksames Mückenschutzmittel. Ein solches mögen auch Zecken nicht.



Schon beim Aufstieg erhält man einen guten Ausblick auf den Hauptkamm der Alpagokette und auf den Eingang des Val Tasseit. Dieses bietet eine Aufstiegsmöglichkeit zum Hauptkamm.



Der Wanderweg endet auf der östlichen Vorkuppe 1179 m des Monte Arghena 1259 m.
Zu sehen ist von dort ein felsiger und steiler Vorgipfel und erst hinter diesem der bewaldete Gipfel des Monte Arghena.
Eine weglose Umgehung des Vorgipfels linker Hand scheint wegen der steilen Flanke nicht ratsam. Ob es rechter Hand besser ist, lässt aufgrund des dichten Busch- und Baumbestandes von der Vorkuppe aus schlecht beurteilen.
Somit schien es, dass es von ihr keinen gut machbaren Weg auf den Hauptgipfel gibt.



Zurück ging es vorbei an der Villa Emma. Links von ihr sieht man den Wanderweg, der durch das Val Tasseit zur Biwakschachtel Pastour und weiter auf den Hauptkamm der Alpago-Kette führt, über welchen der DHW 7 ( siehe auch http://berg-welten.de/DHW6-7/DHW6-7-09.html ) verläuft.
Die Villa Emma ist ein Forschungs- und Naturbeobachtungszentrum für interessierte Gruppen. Das Val Prescudin ist ein Naturpark, der durch die Azienda Regionale dei Parchi e delle Foreste verwaltet wird.



Bei einsetzender Dämmerung fand die Rückkehr zum Ausgangspunkt, dem Wanderparkplatz beim Flecken Arcola im Val Cellina statt. Dafür ging über den 978er, einem geteerten Fahrweg, der auch bei geringem Licht problemlos ist.

Das Foto blickt zurück ins Val Prescudin.



Schon im Bereich der Villa Emma wird man durch mehrere Schilder darauf aufmerksam gemacht, dass man sich in der Wildnis bzw. an deren Rand befindet.
Angesichts der geteerten Straße, ihren Leitplanken, den Strommasten und den Steinschlagschutzzäunen wirken diese Schilder wie der Hinweis auf einen zahnlosen Tiger.

In der Nacht ging es dann zurück nach Hause. Fazit der drei Tage: Eine schöne Herbsttour, manchmal mit ein paar Unwegsamkeiten, aber sie fand halt im "Area Wilderness" statt.



Stand: 24.05.21 (Nachtrag Mai 23)


zurück zur Startseite