Dolomiten 2.Teil (Gotres-Tal), 09. bis 14.Juli 2012


Nachdem Zoltan vom Ehrenberger Bahnhof aus zur Arbeit fuhr, ging es für Kerstin und mich durch das Pustertal nach Toblach. Hier zweigt das Höllensteintal Richtung Süden ab. Bei Schluderbach bogen wir in Richtung Cortina d'Ampezzo ab. Kurz nach dem Pass Cimabanche (Im Gemärk) kam am Eingang des Gotrestals auf der rechten Seite ein Parkplatz. Wir blieben vorerst noch in den Pragser Dolomiten (Einteilungen der Dolomiten ).

An den Parkplatz grenzt eine nicht mehr genutzte Kaserne. Die militärische Anlage ist nicht in den Wanderkarten [1, 3 und 4] eingezeichnet. In den Karten ist der Bereich als Rufreddo bezeichnet. Da die Kaserne nicht durch Schaumann erwähnt wird, kann man wohl davon ausgehen, dass sie nach den 1.Weltkrieg errichtet wurde.
Vom Parkplatz führt eine alte Militärstraße in das Gotrestal, die 1915-16 ausgebaut wurde [5 S.297]. Bald kam der Monte Cadin [5 S.301 u.a.], [1] in Sicht, welcher in den neueren Karten [3], [4] auch Croda de R'Ancona 2366m genannt wird. Hier befanden sich k.u.k. Höhenstellungen, wie auch auf den angrenzenden Zuoghe 2053m und  Ciadenes 2041m, die ebenfalls südlich an der Militärstraße liegen. Beim Näherkommen werden Reste von Stellungen auf der Nordseite der Croda de R'Ancona sichtbar.
Vom Lerosa-Sattel 2020m kann man talauswärts in der Ferne links die Drei Zinnen erkennen, welche von hier aus gesehen so hintereinander stehen , dass sie wie ein Berg wirken.
In diesem Bereich lag ein großes Lager, aus welchem die Höhenstellungen versorgt wurden und schwere Batteriestellungen, deren eingesunkene Deckungen heute noch sichtbar sind. Vor diesen liegt ein aufgelassener Soldatenfriedhof, auf dem auch Angehörige des Deutschen Alpenkorps begraben waren [5 S. 297]. Wie auch bei vielen anderen der rund 48 kleineren Frontfriedhöfe um Cortina d' Ampezzo, wurden die Toten nach dem Krieg auf offizielle Friedhöfe umgebettet. Damit wurde eine spezielle Totenpolizei beauftragt, die im Herbst 1920 in den Bergen der Ampezzaner Dolomiten ihre grausige Aufgabe durchführte. Neben den Leichen von wilden Friedhöfen, wurden auch die noch nicht bestatteten, aus teilweise entlegenen und schwer zugänglichen Stellungen geborgen. [7 S.158].

Besonders in den ersten Monaten nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn kamen Deutsche den k.u.k. Truppen zu Hilfe, welche erst nach und nach an der Südwestfront verstärkt wurden. Kaiser Wilhelm hatte schon in den Wochen vor dem 1.Weltkrieg Kaiser Franz Joseph die Bündnistreue des Deutschen Reiches zugestanden. Vor dem Kriegseintritt Italiens fand ein diplomatisches Tauziehen zwischen Österreich-Ungarn und Italien statt, welches sich monatelang erfolglos hinzog. Italien stellte Gebietsforderungen an Österreich-Ungarn, so z.B. auf das italienischsprachige Trentino. Kaiser Franz Joseph, soll darafhin erklärt haben, dass er lieber abdanken wolle, als das Trentino herzugeben [6 S.216]. Italien lehnte es auch ab, seiner Bündispflicht im Dreibund nachzukommen und erklärte sich bald nach Kriegsbeginn als neutral. Außerdem nahm es Geheimverhandlungen mit der Entente in London auf. Die Ententemächte gestanden Italien neben dem Trentino unter anderem auch Triest und Tirol bis an den Brenner zu [6 S.216ff]. Abgesehen davon, bot sich Italien als Mittelmacht die einmalige Chance mit zu helfen, dem großen Österreich-Ungarn einen entscheidenen militärischen Schlag zu versetzen und damit einen bedrohlichen Nachbarn vielleicht für lange Zeit so zu schwächen, dass er für Italien ungefährlich blieb.
Über die weiten Grasflächen der Lerosa-Alm, ging es vorbei an den Alm-Gebäuden zum Hochtal Montesela, dessen Eingang oben hinter den Bäumen liegt.
Am Eingang dieses Hochtals steht die alte Biwakschachtel Helbig Dall' Oglio 2253m. Auf dem Foto auf der grasigen Kante links von der Bildmitte als kleiner grauer Block erkennbar, unterhalb des Monte Geralbes 2456m.
Die Biwakschachtel wird nicht mehr bewartet, wie an den ausgegrauten Wegzeichen zu erkennen ist. Es befinden sich nur ein paar Stühle im Inneren. Weder Betten noch einen Tisch gibt es. Die Biwakschachtel gehört dem CAI Cortina. Sie diente ehemals als Stützpunkt für die Besteigung der umliegenden Gipfel, wurde aber aufgrund der Schwierigkeit der Routen nicht oft besucht. Da das Biwak im Naturpark der Ampezzaner Dolomiten liegt, rückten Gründe des Naturschutzes in den Vordergrund und man hatte sich entschlossen, das Biwak zu deaktivieren, aber für Notfälle stehen- zulassen.
Das Montesela-Tal ist einsam und karg. Die abweisenden Wände der Kleinen und Hohen Gaisl (Croda Rossa) steigen steil aus dem Geröll. 
Mit Regen und Gewitter verschlechertete sich das Wetter gegen Abend. Dabei fing es an etwas durch das Dach der alten Biwakschachtel zu tropfen.
Abend auf dem Biwak Helbig Dall' Oglio. Blick Richtung Süden. Links die Croda De R'Ancona und rechts daneben, weiter hinten die Nordseite der Tofanen.
In den nächsten Tagen sahen wir uns die Stellungen auf dem Zuoghe 2053m an -dem kleinsten Gipfel mit Stellungen im Bereich des Gotres-Tals. Der Berg ist voll von Stellungsresten und Kriegsschrott. Er flankiert den Taleingang des Gotres-Tals Richtung Osten. Er lag in Reichweite der italienischen Geschütze, der in Süden liegenden Christallo-Gruppe und dem Val Granda. Laufgräben und schmale Patroullienwege sind teilweise immer noch begehbar. Auf dem Foto die typische Zickzacklinie eines Laufgrabens. Der Zickzack-Verlauf sollte vor den Splittern eines den Graben treffenden Geschosses schützen.
Einige der alten Kriegspfade, wie dieser in der Südwand des Zuoghe, sind gefährlich ausgesetzt. Vor allem wenn man bedenkt, dass sie teilweise nur im Dunkeln benutzt werden konnten, da sie in Schußweite des Gegners lagen.
Im Hintergrund das Pomagnon-Tal. Dieses Hochtal ist ein Seitental des Val Granda. Links davor  liegt der bewaldete nördliche Rücken des Col di Stomb 2169m, auf dem sich ebenfalls italienische Stellungen befanden, die ca. 3000 m vom Zuoghe entfernt waren. Diese Distanz konnte problemlos von den damaligen Gebirgsgeschützen überwunden werden. So hatte z.B. das italienische Gebirgsgeschütz 70a eine maximale Reichweite von 6620m.
Es war daher erforderlich, entsprechende Schutzmaßnahmen und Deckungen anzulegen, zumal der Gipfel des Zuoghe eine flache Kuppe hat, die wenig natürliche Deckung bietet. So z.B.Brustwehren aus Beton ...
... oder Kavernen. Allerdings bieten auch sie nur einen bedingten Schutz gegen Schrapnelle oder Volltreffer. Besonders wenn ihre Öffnungen -wie in diesem Fall auf den Vecio del Forame 2866m- direkt auf die gegenerischen Linien zeigen.
Das Ende eines Schrapnells sieht man im linken Bildteil. Es hat sich unmittelbar nach der Detonation tief in den festen Schotter gebohrt. Nachdem es ausgegraben ist, wird die ganze Länge sichtbar. Man kann sich vorstellen, mit welcher Wucht es einschlug. Es wundert jedoch nicht mehr, wenn man bedenkt, dass das Geschoß -welches z.B. mit einer Kanone 70a verschossen wurde- eine Austrittsgeschwindigkeit von ca. 353 m/s = 1270.8 km/h hat. Dazu kommt die Detonation am Ziel, welche das Geschoß zerreist.
Besseren Schutz gegen Beschuß boten Stollensysteme. Ein solches wurde unter dem Gipfel des Zuoghe angelegt, aber nie komplett fertiggestellt. Der Eingang befindet sich auf der Nordseite des Gipfels und die Stollen führen teilweise bis auf die Südseite des Zuoghe.


Am 13.07.12 mieteten wir ein Zimmer auf dem Campingplatz Sass Dlacia nördlich des Val Parola Passes. Seit Tagen regnete es immer wieder und Gewitter schränkten den Aktionsradius ein. Von dort unternahmen wir einen ersten Ausflug in das Travenazastal, welches der zentrale Ort des 3.Teils der Reise war.

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